Auf der Facebookseite von "Wir lieben Fisch" wurde folgender Offene Brief gepostet,
den ich mit freundlicher Genehmigung von Katrin hier veröffentliche

Offener Brief an den Ministerpräsidenten und den Fischereiminister des Landes Schleswig-Holstein
 Industrie fördern, Natur schützen, Fischer vergessen?

 Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Albig,
sehr geehrter Herr Fischereiminister Habeck,

 "Fischerei gehört zu Schleswig-Holstein, sie prägt die Küsten des Landes und die Identität seiner Menschen. Ich will, dass das so bleibt."
 Für mich ist diese Aussage von Fischereiminister Habeck inzwischen nicht nur unglaubwürdig - ich kann mir auch mit viel Wohlwollen nicht mehr vorstellen, dass die derzeitige Landesregierung die Küstenfischerei in Schleswig-Holstein erhalten will.
 Die Bilanz von rund 12 Monaten Amtszeit ....

 Juni 2012: "Windräder stehlen Fischern die Fanggebiete" (Wirtschaftswoche)

 "Eine Schattenseite der Energiewende: Durch die Windparks in Nord- und Ostsee verlieren die deutschen Fischer ihre Fanggebiete. (...) 'Wir verlieren 30 bis 40 Prozent unserer Fanggebiete', klagt Peter Breckling, Generalsekretär des Deutschen Fischerei-Verbandes. 29 Windparks sind bereits genehmigt, 94 weitere beantragt."

 August 2012: Verklappung von Hamburger Hafenschlick in der Nordsee kann 2012 nur eine Ausnahme sein, so Umwelt- und Fischereiminister Robert Habeck in Kiel, und verweist auf giftige Schwermetalle (NOK21.de).

 Anfang November 2012: Während der stellvertrende MP Habeck weitere Nullnutzungszonen fordert, was für die traditionellen Küstenfischer den Verlust weiterer Fanggründe bedeuten würde (Kollege MP McAllister aus Niedersachsen: "die Grenzen des Zumutbaren sind erreicht", Landwirtschaftsminister Lindemann, ebenfalls Niedersachsen: "Kriegserklärung und unfreundlicherAkt aus Schleswig-Holstein"), feiert Ministerpräsident Albig nur wenige Tage danach 25 Jahre Ölförderung im Wattenmeer. "Die Bohrinsel Mittelplate sichert an der Westküste viele Arbeitsplätze", so MP Albig in seiner Rede. (Anmerkung: Gutachten belegen, dass die Bedeutung der Fischer für den Tourismus je nach Ort bei 10% bis 50% (!) liegt !)

 17. November 2012: Experten sehen Lärm als Ursache - Das Sterben der Schweinswale (Weser-Kurier)

 Auszug: "Allerdings verschwimmen sich womöglich nur deshalb soviele Wale in die Fischernetze, weil ihr Orientierungssinn durch menschliche Einflüsse erheblich beeinträchtigt ist. (...) Die Umweltverbände verhalten sich bei dieser Thematik auffällig ruhig. (...) Der Verdacht liegt nahe, dass man nicht den Ausbau der Erneuerbaren Energien konterkarieren möchte. (...) Stefan Bräger, Meeresbiologe vom Deutschen Meeresmuseum in Stralsund, wird deutlicher: "Wie kann es sein, dass all die Windparks genehmigt wurden, bevor die Auswirkungen der Bauarbeiten auf die Schweinswale richtig untersucht wurden?"

 Dezember 2012: Gemeinsam mit Fischern und Naturschützern startet Minister Habeck einen Fachdialog, um den Schutz von

 Schweinswalen und Seevögeln in der Ostsee zu verbessern, z.B. indem man die Stellnetzfischerei für bestimmte Zeiträume einschränkt.

 März 2013: Fischer aller Fischereisparten aus S.-H. und Niedersachsen gründen eine "fischereiliche Notgemeinschaft", um

 sich gemeinsam "gegen die überzogene grüne Naturschutzpolitik" zu wehren.

 Mai 2013: Die Landesregierung in S.-H. erteilt Hamburg entgegen der Äußerung im August 2012 (s.o.) die Genehmigung für die erneute Verklappung von Hafenschlick in der Nordsee. Paradoxerweise soll dies 1,2 Millionen Euro für eine neue Nationalparkstiftung bringen.

 7. Juni 2013: "Die Verklappung von Hamburger Hafenschlick in der Nordsee ist ein Skandal!" - und ein einsamer Appell auf

 der Webseite des Landesfischereiverbandes S.-H., gegründet im Jahr 1877: Der Vorsitzende Lorenz Marckwardt anlässlich des Landes-Fischereitages: "Will man überhaupt noch eine handwerkliche Berufsfischerei, oder soll es nur noch Hobby-Fischer geben? Es wird zwar immer gesagt, Schleswig–Holstein das Land zwischen den Meeren,- wir brauchen die Fischerei - , ohne sie wäre das Land ärmer. Alles nur Lippenbekenntnisse?"

 14. Juni 2013: Minister Habeck stellt Mitgliedern der Nationalpark-Kuratorien von Nordfriesland und Dithmarschen Handlungsempfehlungen vor - Minister Habeck möchte 50 Prozent des Wattenmeeres aus der Nutzung nehmen. DGB-Vertreter Hans von Wecheln erinnert Minister Habeck daran, dass laut Nationalparkgesetz unzumutbare Beeinträchtigungen der Interessen und herkömmlichen Nutzungen der einheimischen Bevölkerung zu vermeiden und Nutzungsinteressen mit dem Schutzzweck im Einzelfall gerecht abzuwägen sind. (...) "Die Fischerei gehört zu den Verlierern des Nationalparks", hält der Friedrichskooger Fischer Herbert Schoer dem Minister entgegen. "Wir können auf keine weiteren Flächen verzichten", sagt er mit Blick auf den bestehenden Nationalpark sowie geplante Offshore-Windparks und Stromkabeltrassen. Schoer: "Wir haben die Schnauze voll, wir müssen für alle den Kopf hinhalten." (SHZ)

 20. Juni 2013: Der Deutsche Fischereitag erklärt sich solidarisch mit der Fischereilichen Notgemeinschaft (...) Die Vertreter der gesamten deutschen Fischerei aus allen Sparten der Berufs- und Angelfischerei erklären sich spontan solidarisch mit der Delegation aus Schleswig-Holstein und sichern bestmögliche Unterstützung zu. Die geplanten fischereilichen Beschränkungen haben eine neue, existenzgefährdende Dimension, die die Bemühungen der Fischerei um Nachhaltigkeit ernsthaft gefährdet.

 12. Juli 2013: Amtskollege Minister Meyer (ebenfalls Die Grünen) sagt 1,5 Mio. Unterstützung für die Krabbenfischer in Niedersachsen zu. Dazu Minister Meyer: "Wir wollen keine fischereifreien Zonen schaffen." (...) „Die hohe Aufgeschlossenheit unserer Fischer für mehr Nachhaltigkeit und faire Preise freut mich sehr."

 16. Juli 2913: Holmer Fischer in S.-H. klagen: Wie ein Berufsverbot (SHZ, 16.07.2013)

 "Insbesondere die Vorgehensweise von Umweltminister Habeck zur Vorbereitung der neuen Küstenfischereiverordnung
 wurde von den Fischern und deren Verbandsvertretern hart kritisiert. Olaf Jensen: 'Ich bin ein Harmonie liebender
Mensch. Aber Habeck missversteht bei den Diskussionen zu diesem Thema offenbar unseren freundlichen und offenen
Umgangston. Wie sonst könnte er unsere Sorgen so wenig beachten?' CDU-Landtagsfraktionschef Johannes Callsen gab
 den Holmer Fischern Recht. 'Es ist beschämend, dass der Umweltminister anfangs den Dialog predigt, dann aber im
 Nachhinein die Meinungen der Fischer völlig ignoriert', betont Callsen." 

 7. August 2013: Fischer, Bauern und Jäger wollen Zusammenarbeit vertiefen (DFV, 17. Juli 2013)
 Nach der Gründung der fischereilichen Notgemeinschaft wollen sich weitere gesellschaftliche Gruppen gemeinsam mit
Fehlentwicklungen in der grünen Naturschutzpolitik befassen. (...) Die Präsidenten des Landesfischereiverbandes, des Bauernverbandes und des Jagdverbandes wollen bei einem Treffen
am 7. August 2013 die Lage bewerten und eine  gemeinsame "Hörnumer Erklärung" beraten.

 Keine erfreuliche Bilanz für die Fischerei für ein Jahr Amtszeit des Fischereiministers in Schleswig-Holstein ...

 Und so mancher wird sich besorgt fragen: "Was kommt als Nächstes?!"

 Unser Land braucht die Fischerei heißt es immer wieder - doch die Fischerei braucht hierzu vor allem auch die Unterstützung durch die Landesregierung und
den Fischereiminister - mit Taten, nicht mehr nur mit Worten!


Verfasst von Katrin